14.01.2010

above the battle's fury
clouds and trees and grass.
(William Carlos Williams)

Der Hund und das Leben, das nicht aufhört

In einer Großstadt, in einer Tiefgarage unter dem glühenden Asphalt, in einem Zwinger auf Beton lebte ein Hund und hoffte zu sterben.

Nun wusste der Hund nicht, seit wann er an diesem Ort lebte. Er wusste nicht, seit wann er überhaupt schon lebte, und auch nicht, seit wann er zu sterben hoffte. Beides war verschmolzen, und mit der Erinnerung an die kurze Zeit zuvor, an sich selbst als glücklichen Welpen, schwand der Glaube, die Tür des Zwingers würde geöffnet und jemand riefe ihn beim Namen hinaus in die ewige Freiheit, zurück unter die prächtige Sonne, wo er mit wehenden Ohren so gern spielen mochte.

Denn niemals ließen die Wächter die Tür länger offen stehen als nötig war, um dem Hund den Fraß hineinzuschütten. In einer Zeit noch, da er den Zwinger für ein vorübergehendes Exil gehalten hatte, hatten sie mit ihm gesprochen. Einer hatte ihn nach seinem Onkel, ein anderer nur Hund genannt. Doch lang schon hatten sie damit aufgehört, ihn dann nur noch angesehen und auch das bald aufgegeben. Der Zwinger war, das wusste er, sein Verlies, sein trostloses Heim, die Hölle, sein Grab.

Unter denen, die in ihren Autos am Zwinger und am Hund vorüberfuhren, waren auch solche, die Mitleid empfanden mit dem Geschöpf und sich verantwortlich fühlten und schuldig. Von ihren Plänen, den Hund zu befreien, bekam dieser selbst nichts mit. Nicht einmal Wurst konnten die Mitfühlenden in den Zwinger werfen, weil jemand im sofort aufschließenden Auto in Ungeduld geriet und hupte. So schlüpften sie wieder ans Steuer, legten die Wurst auf die Armaturen und fuhren davon.

Zurück blieb der Hund. Und wenn es Nacht wurde und still und die Luft nicht besser in der Tiefgarage, hörte er die Motoren knacken, die sich abkühlten. Er legte seinen Kopf auf die Pfote inmitten von Kot auf dem Beton. Da war ein Urtier, das fern, unheimlich fern, noch in ihm heulte. Ratlos hörte er zu. Vielleicht hätte es ihn getröstet, wenn er nur gewusst hätte, dass er sich langsam vergiftete, indem er an seinem rußverschmutzten Fell leckte.

Sterling Hayden: »I worked my way down«