30.06.2010

»Alles Interessante ereignet sich im Dunkeln, ganz ohne Zweifel. Die wirkliche Geschichte der Menschen ist nicht bekannt.«

(Luis-Ferdinand Celine)

Die Sorge des ein Loch in der Wand Betrachtenden

Wenn wirklich im nächsten Moment aus dem Loch in der Wand ein Tier von der Größe einer Maus treten würde, das aber zu meinem Entsetzen wie ein Schwein aussieht und grunzt und mir grunzend befiehlt, was ich tun soll, mich hinausschickt auf den Weg, wen auch immer um unselige Dinge anzugehen, ihm Schnaps zu beschaffen, den es in seinen fliederfarbenen Wanst laufen lassen will, sich danach auf den Vorleger erbrechen, auf dem ich an hohen Feiertagen zu liegen pflege, und sowie ich zurückkehre, mich zwingt, vor ihm zu tanzen einen peinlichen Tanz ohne Musik, bis ich nach Luft schnappe und es anflehe, es möge mir erlauben, einen Schluck Wasser nehmen zu dürfen, es dies mir aber abschlägt und feist sich purzelt vor dem Loch, das ich beizeiten hätte zunageln sollen, in Gottes Namen hätte zunageln sollen! - doch was denk denn ich, es ist zu spät, wenn es mir grunzend all dies schon befiehlt und mich aufscheucht, dass ich mich nicht besinnen kann, es nach mir schreit, in mein Gemach dringt in der Nacht, wo ich doch aus Angst, es könnte eben so eindringen, im Bett nur sitze und nach jedem Geräusch aus dem Zimmer neben mir lausche, in dem das Loch in der Wand ist, aus dem es einst kam, das nun ihm gehört ganz und gar, in das ich ihm eilig bringe, wonach es verlangt, und aus dem heraus es seine Macht ausbreiten wird auf all meine Zimmer bis in den Treppenflur hinaus, dass ich nicht mehr entkommen kann, für immer sein Diener, ihm treu zu sein durch alle Tage, kurz nach ihm, sollte ich seinen Tod erleben, zu sterben an Schwäche und meine Wünsche zu vergessen, nicht einen zu behalten, dann würde ich mir mit diesem Blatt die Kehle durchschneiden.

Als ich Ralf hieß

Na los!
Schließe Deine Augen!
Schließe sie
so kurz Du nur kannst!
Blinzle, wenn es Dir hilft!
Alles, was Du sehen wirst:
Nichts und ein Pinguinfurz.
Ich weiß das.
Denn auch ich
fand meinen Geist
in einer braunen Papiertüte,
als ich heute Morgen erwachte
und keine Hose trug.
20 Hybridschweine
liefen durch den Raum
und ließen den Schnellhefter liegen,
in dem all das stand,
was mich davor bewahrt hätte,
jemals kooperieren zu müssen.
Nur gut, dass ich noch
Fleischpaste mit Telefonzellengeschmack
im Haus habe.
Davon nasche ich gern,
wenn ich nicht weiter weiß.
Das erfrischt mich fast so sehr,
als läge ich 121 Stunden auf Torf
und dächte an Kraniche.
Ich kannte mal einen Kranich,
der beim Versuch,
Kafka zu verstehen,
abstürzte.
Er begrub eine Spatenfabrik unter sich.
He should have known,
wenn Du mich fragst.
Aber ich trinke ja nur Schnäpse
von schneckenartiger Zähflüssigkeit,
bewege mich merkwürdig
und will schlafen
und immer nur träumen
von Duschen und Osmose
und dass meine Zähne strahlen
wie die Schuhe Gottes.

28.06.2010

»Wer könnte mein Entsetzen besser verstehen als Sie?«

(Anton Tschechow)
So bury me in wood
And I will splinter
Bury me in stone
And I will quake
Bury me in water
And I will geyser
Bury me in fire
And I'm gonna phoenix

I'm gonna phoenix

(Smog)

Damit ich mich auf meinen Tod konzentrieren kann

Alles was ich
brauche was ich
brauche ist alles
was ich alles
brauche ist alles
was ich brauche
alles ist was
ich brauche was
ist alles alles
ist alles was
ist was ich
brauche ist Ruhe.

26.06.2010

Ihr Sohn, sagten die Eltern, vergesse die Zeit.

Tatsächlich aber war es umgekehrt.
»Ein Kind, das nicht spielt, ist kein Kind, aber der Mann, der nicht spielt, hat für immer das Kind, das in ihm gelebt hat, verloren und wird es schrecklich vermissen.«

(Pablo Neruda)

21.06.2010

»I'm a heart surgeon, sure, but I'm just a mechanic. I go in and I fuck around and I fix things. Shit.«

(Raymond Carver)

18.06.2010

In einem Hospital schlief ein Greis ein und begann zu träumen, dass er über einer Herde schlafender Tiere schwebt.

In der selben Stunde starb dort eine geliebte Mutter. Sogleich entzündete sich der Bauchnabel ihres Sohnes.
In einer Nebenstraße verliebt sich ein Sodomist in einen zufällig vorbeilaufenden Hund.

13.06.2010

Immer und immer immerer

Falls dem so ist
wie dem immer so war
Falls dem so ist
was auch immer wer da

Falls dem so ist
was ich immerer wünsch
Und hoff doch
und wünsch ich
und aber so sehr
dass da ist
was immer ja ist -

Falls dem so ist
wie dem immer so war
Dann bin ich da
und ja immer ja.
»Man is the only kind of varmint sets his own trap, baits it, then steps in it.«

(John Steinbeck)

In jeder Bucht wie in der ersten

Ich sah
Dich lila
am Aufgang
schlafen

in jeder Bucht
wie in der ersten

bis ein Schiff kam
und ich schwamm
wie ich es wollte.

09.06.2010

... und draußen bitterwarm.

Ikarus

In einem Beet unter seinem Balkon im Erdgeschoss hat der alte Mann eine Sonnenblume gepflanzt. Er freut sich, als die zarte Pflanze die Erde durchbricht. Am Tag, da sie die ersten Blätter trägt, isst der alte Mann sein Abendbrot draußen bei der Sonnenblume. In der Stunde vorm Schlafengehen stellt er ihr und sich das Radio heraus.

Am Morgen jedes Tages lugt er vom Balkon. So sieht er stolz, wie sie wächst und kräftig wird. Sie ist nun ein Knabe von einer Sonnenblume. Schon kann der alte Mann sie vom Balkon berühren. Er fühlt den grünen Widerborst auf ihren Stängeln. Einmal fährt er mit der Wange sanft über eine Knospe hin.

Die Sonnenblume saugt nun all die Kraft aus des Hauses Vorgarten. So kommt es, dass sie sich bald satt aufreckt, ihre Arme entrollt und dem alten Mann ihre große Sonne zeigt. Er steht im Schein der Blume. Etwas offenbart sich ihm.

Die Blume wächst weiter, schläft nur in den kurzen Nächten. Noch ein paar Tage bleibt sie bei ihm. Dann wächst sie über seinen Balkon hinweg, dem darüber entgegen.

Als sie schließlich im zweiten Stock verblüht, stellt er ihr und sich noch einmal das Radio heraus und fällt dann in sich hinein schwer auseinander.

03.06.2010

Ein Schlag in den Magen,
so weich für die Faust.