25.09.2011

Über die Situation, über den Bahnsteig, über sich selbst und ihn

Durch den Tunnel, der gelb leuchtete im Schein seiner eigenen Lampen, ein paar Stufen hinauf auf den Bahnsteig gingen zwei Menschen im Gespräch. Es drehte sich um den Abend, der nun zurücklag. Es habe gestimmt zwischen ihnen, das sagte er, und sie nickte, ganz so, als wenn sie es wirklich meinte.

Noch hielt er ein Stück Gepäck in der Hand. Doch beide wussten, dass der Zug einfahren, sie allein einsteigen und das Stück Gepäck dann an sich nehmen würde. Der Zug würde anfahren, bald, bald, endlich davonfahren. »Man kann mit einem Satz nicht sagen, was man mit einem Satz nicht sagen kann«, dachte er.

Ein dunkler Zug rauschte heran, zu schnell, um zu halten. So schnell raste er am Gleis, an ihm und ihr vorüber, so dunkel, dass er Angst verspürte. Sie sah dem Zug nach. Kühn stand sie da im zerzausenden Fahrtwind, als bestünde sie aus einer erlauchten Substanz. Das wusste sie auch und war plötzlich ein wenig erhaben über die Situation, den Bahnsteig, über sich selbst und ihn.

Sie ahnte früh, dass ihr Zug nun kommen würde. Sie öffnete ihre Arme, er schlüpfte hinein. Dort ahnte auch er: Der Zug würde kommen. Von fern nahten riesige Lampen, nahte der Zug. Er schmuste sie. Sie sah dem Zug entgegen.

Dann lösten sie sich von einander. Schon stand sie im Zug. Er sah die Türen sich schließen. Er winkte, der Zug fuhr an und langsam schneller und davon.

Aus dem sich entfernenden Fenster sah sie, wie er sich zum Gehen wandte, und sah gerade noch, wie er zu humpeln begann, das eine Bein ganz steif setzte und dann umfiel wie ein Stuhl.

»Wie ein Stuhl ist er umgefallen«, dachte sie, und rasch, hinter Mantelschößen lächelnd, schlief sie ein.