17.01.2012

Costa Concordia

Ihr Dorf ist nun nicht mehr das Dorf am Meer, es ist das Dorf am gesunkenen Schiff. Und nachts liegen sie in ihren Betten und horchen hinaus. Hinter den Fenstern, die Straße hinunter ans Ufer, ein paar Meter über das Wasser, im Rumpf, hinter dem Stahl: Schreit da noch jemand? Sie hören es, ohne es zu hören.
Aber schreit er um Hilfe oder längst um Erlösung? Drei Tage in Finsternis, und das Wasser steigt. Wenn Gott wenigstens geblieben wäre, um sich anzusehen, was er hat geschehen lassen, als wäre er ein vertrotteltes Kind.
Wie kommt man durch Stahl, denkt der Vater. Wie atmet man ohne Luft, der Sohn. Hoffentlich keine Kinder, die Mutter.
Nächsten Monat, wenn niemand mehr schreit, wird der Präsident kommen und einen Kranz auf das gesunkene Schiff legen. Wie ein Vogel, der den ersten Samen auf eine neue Insel trägt. Doch der Kranz, er wird verdorren im Salz und im Rost.
Wie kriegt man das Schiff aus der Bucht, denkt der Vater gegen Morgen. Der Sohn soll doch wieder baden können. Eines Tages.