»Hi, she said, in a whispery voice, and nodded as if to confirm that she really meant it.«
(Aleksandar Hemon)
27.07.2010
16.07.2010
12.07.2010
10.07.2010
Der Mann, der in den Norden ging, um sich mit dem Wels zu messen
Der Mann stand auf dem Steg. Eine Zigarette in seinem Mund beleuchtete sein Gesicht ein wenig. Der Mond über ihm beleuchtete den See ein wenig. Das Funkeln stellst Du Dir lieber selber vor. Wissen musst Du: Es gab nichts, woran der Mann zurückdachte.
Es plätscherte, dass er sich daran gewöhnte. Es kam ihm bald so vor, als wäre da überhaupt kein Geräusch. Im stillsten aller Momente wünschte er sich, eine harte Gitarrenmusik zu hören.
Der Wels stand schweigend.
Der Mann ließ sich auf dem Steg nieder und probierte das Wasser. Es hatte an die achtzehn Grad. Der Mann streifte sich seine Kleider vom Leib und sprang vom Steg. Der Mond über ihm beleuchtete ihn ein wenig. Was aus der Zigarette wurde ist unin-teressant.
Der schwere Körper des Mannes verdrängte viel Wasser, es spritzte, es herrschte Chaos. Der Mann selbst fand, dass er glitt. Unter Wasser war es dunkel. Wo Wasser doch durchsichtig ist, man müsste es erforschen!
Der Wels stand schauend.
Der Mann schwamm einige Züge, verkrampft von Kälte. Er wollte klar denken, doch er fror zu sehr. Sein Bad kam ihm allmählich peinlich vor. Voller Ehrgeiz wuchtete er sich im Wasser voran. Es war eine Anstrengung. Wie etwas Eingelegtes schwamm er weiß dahin. Ein nächtlicher Vogel sah seinen Popo.
Unnütze Gedanken kamen dem Mann: Wie tief der See wohl sei. Wer darin sei außer ihm. Antworten begannen ihn zu beklemmen. Ja: Er bekam Angst, der Mann. Ganz viel mit einem Mal.
Der Wels stand wissend.
Der Mann versuchte zu relaxen. Er wand sich auf den Rücken. Das immerzu kühlende Wasser umspielte seinen Nacken. Er betrachtete seine Kielwelle. Paddelnd trieb er so, da kam die Angst wieder. Eilig kraulte er heim. Der Steg war fern, er sah ihn kaum. Verfolgte ihn jemand? Es kitzelte, es zog im Fuß. Rudernd griffen seine Hände ins Wasser. Ein Graus, sich umzuschauen. Keine Zeit, voranzuspähen. Nie war der Mann so schnell geschwommen.
Der Wels erhob sich drohend.
Der Wels stieg auf in tiefe Schwärze. Der aufgewirbelte Sand fiel traurig zurück. Eben noch schlafende Fischlein stoben erschüttert davon. Eines war in seinem stumm rülpsenden Schlund des Todes. Kein Ballast für den Wels: Er glitt voran, immerzu voran.
Er erreichte das Restlicht. Es beglitzerte den Strang aus Muskeln, der er war. Langsam lenkte er zur Oberfläche. Er beschleunigte mit großer Flosse. Er brach durch in den Himmel.
Der Mann schwamm schreiend.
Ochsenhaft raste der Wels auf ihn zu. Er wurde schwach. Er wurde blind. Er zappelte hysterisch. Der Steg verschwand. Der Wels wuchs. Wahrscheinlich umzuckten ihn Blitze. Der Mann krauchte nur noch. Er konnte sich nicht einmal mehr selbst ertränken.
Als der Kopf des Welses wie ein riesiger Boxhandschuh vor ihm prangte, war der Mann schon wahnsinnig geworden. Zahnlos schnappte der Wels zu. Er schmiss seinen Körper herum.
Blutend schwamm der Penis mit ihm in die Tiefe.
Ahoi!
Es plätscherte, dass er sich daran gewöhnte. Es kam ihm bald so vor, als wäre da überhaupt kein Geräusch. Im stillsten aller Momente wünschte er sich, eine harte Gitarrenmusik zu hören.
Der Wels stand schweigend.
Der Mann ließ sich auf dem Steg nieder und probierte das Wasser. Es hatte an die achtzehn Grad. Der Mann streifte sich seine Kleider vom Leib und sprang vom Steg. Der Mond über ihm beleuchtete ihn ein wenig. Was aus der Zigarette wurde ist unin-teressant.
Der schwere Körper des Mannes verdrängte viel Wasser, es spritzte, es herrschte Chaos. Der Mann selbst fand, dass er glitt. Unter Wasser war es dunkel. Wo Wasser doch durchsichtig ist, man müsste es erforschen!
Der Wels stand schauend.
Der Mann schwamm einige Züge, verkrampft von Kälte. Er wollte klar denken, doch er fror zu sehr. Sein Bad kam ihm allmählich peinlich vor. Voller Ehrgeiz wuchtete er sich im Wasser voran. Es war eine Anstrengung. Wie etwas Eingelegtes schwamm er weiß dahin. Ein nächtlicher Vogel sah seinen Popo.
Unnütze Gedanken kamen dem Mann: Wie tief der See wohl sei. Wer darin sei außer ihm. Antworten begannen ihn zu beklemmen. Ja: Er bekam Angst, der Mann. Ganz viel mit einem Mal.
Der Wels stand wissend.
Der Mann versuchte zu relaxen. Er wand sich auf den Rücken. Das immerzu kühlende Wasser umspielte seinen Nacken. Er betrachtete seine Kielwelle. Paddelnd trieb er so, da kam die Angst wieder. Eilig kraulte er heim. Der Steg war fern, er sah ihn kaum. Verfolgte ihn jemand? Es kitzelte, es zog im Fuß. Rudernd griffen seine Hände ins Wasser. Ein Graus, sich umzuschauen. Keine Zeit, voranzuspähen. Nie war der Mann so schnell geschwommen.
Der Wels erhob sich drohend.
Der Wels stieg auf in tiefe Schwärze. Der aufgewirbelte Sand fiel traurig zurück. Eben noch schlafende Fischlein stoben erschüttert davon. Eines war in seinem stumm rülpsenden Schlund des Todes. Kein Ballast für den Wels: Er glitt voran, immerzu voran.
Er erreichte das Restlicht. Es beglitzerte den Strang aus Muskeln, der er war. Langsam lenkte er zur Oberfläche. Er beschleunigte mit großer Flosse. Er brach durch in den Himmel.
Der Mann schwamm schreiend.
Ochsenhaft raste der Wels auf ihn zu. Er wurde schwach. Er wurde blind. Er zappelte hysterisch. Der Steg verschwand. Der Wels wuchs. Wahrscheinlich umzuckten ihn Blitze. Der Mann krauchte nur noch. Er konnte sich nicht einmal mehr selbst ertränken.
Als der Kopf des Welses wie ein riesiger Boxhandschuh vor ihm prangte, war der Mann schon wahnsinnig geworden. Zahnlos schnappte der Wels zu. Er schmiss seinen Körper herum.
Blutend schwamm der Penis mit ihm in die Tiefe.
Ahoi!
06.07.2010
Tag
Das Licht
wird grau, nagt weiß
am Klang des Atems
steht und steht
am Fenster beiderseits
und paust ihn blass
ins Tauende
verläuft da Wort
für Zeile, für alles
über die Bettstätten
über die Obstschlepper
wie Narben, wie Gitter
wird gelb, stirbt schwarz
wird grau, nagt weiß
das Licht.
wird grau, nagt weiß
am Klang des Atems
steht und steht
am Fenster beiderseits
und paust ihn blass
ins Tauende
verläuft da Wort
für Zeile, für alles
über die Bettstätten
über die Obstschlepper
wie Narben, wie Gitter
wird gelb, stirbt schwarz
wird grau, nagt weiß
das Licht.
05.07.2010
Mitleid
Ich habe
Kopfschmerzen, als wäre es nicht mein Kopf.
Halsschmerzen, als wäre es nicht mein Hals.
Rückenschmerzen, als wäre es nicht mein Rücken.
Ohrenschmerzen, als wären es nicht meine Ohren.
Zahnschmerzen, als wären es nicht meine Zähne.
Bauchschmerzen, als wäre es nicht mein Bauch.
Nur ein Herz, das nicht mir gehört, tut weh, als wäre es meins.
Kopfschmerzen, als wäre es nicht mein Kopf.
Halsschmerzen, als wäre es nicht mein Hals.
Rückenschmerzen, als wäre es nicht mein Rücken.
Ohrenschmerzen, als wären es nicht meine Ohren.
Zahnschmerzen, als wären es nicht meine Zähne.
Bauchschmerzen, als wäre es nicht mein Bauch.
Nur ein Herz, das nicht mir gehört, tut weh, als wäre es meins.
Wann sind die Fliegen bei den Menschen?
Ein junger Mann aß einen Kuchen. Er kaute den Kuchen und betrachtete seine Hand, als eine Fliege sich darauf setzte. Sie stutzte kurz, dann lief sie dem jungen Mann über die Haut. Der junge Mann empfand die Berührungen der Fliege nicht als lästig. Er genoss sie wie den Geschmack des Kuchens. Noch eine Weile wollte er die Fliege betrachten und dabei vorsichtig den Kuchen aufessen.
Immer seltener sehe er Fliegen, meinte er. Waren sie nicht früher im Herbst zu Dutzenden in der Wohnung erschienen, Zugvögeln gleich? Dann plötzlich fielen ihm die Schwärme von Fliegen im Sommer ein und wie er sie verscheuchen musste.
.
Er sah herab auf die Fliege, die sich auf seinem Daumen putzte. Jetzt war er sich unsicher: Wann waren die Fliegen bei den Menschen? War es im Sommer oder im Winter, über den Decken der schlafenden Kinder? Was war der Zyklus?
Darüber dachte der junge Mann so lange nach, dass er darüber unheilbar im Geist erkrankte und der Kuchen ganz trocken wurde.
Immer seltener sehe er Fliegen, meinte er. Waren sie nicht früher im Herbst zu Dutzenden in der Wohnung erschienen, Zugvögeln gleich? Dann plötzlich fielen ihm die Schwärme von Fliegen im Sommer ein und wie er sie verscheuchen musste.
.
Er sah herab auf die Fliege, die sich auf seinem Daumen putzte. Jetzt war er sich unsicher: Wann waren die Fliegen bei den Menschen? War es im Sommer oder im Winter, über den Decken der schlafenden Kinder? Was war der Zyklus?
Darüber dachte der junge Mann so lange nach, dass er darüber unheilbar im Geist erkrankte und der Kuchen ganz trocken wurde.
04.07.2010
02.07.2010
Die Verhindererin
In einem Hallenbad saß, seitdem es gebaut worden war, eine Frau. Kinder, die dort einst baden waren, kehrten später zurück als Eltern von Kindern mit diesen Kindern und fanden, dass es nicht mehr gut genug sei und zu alt. Doch noch immer saß die Frau in dem Bad und saß. Sie saß im Flur der Männerumkleide, sie saß dort beruflich. Wann immer ein Junge spie, wann immer einer rauchte auf dem Flur, was er nicht durfte, wann immer etwas geschah, was man nicht haben wollte in dem Bad, musste die Frau eingreifen.
Deshalb saß sie an einem Tisch am Ende des Flures. Und weil sie dort saß und alle sie sahen, geschah nichts, was nicht erlaubt war. Sie saß dort, hatte einige Hefte auf dem Tische liegen, zum Zeitvertreib, weil doch nichts geschah, seit Jahren nichts geschehen war. Ihre Beine hatte sie übereinander geklemmt. Der Kittel sperrte die Beine ein, zurrte die ganze Frau an sich selbst fest, an dem Tisch, von dem aus sie sah, das nichts geschah.
Dann und wann kam ein Mann aus der Dusche, nur halbumschürzt. Und so manchem war nach einem Streich, etwas zu tun, was nicht erlaubt war in dem Bad, zu rauchen vielleicht, wenn er nur vorher sich ausgedacht hätte, wie er den Tabak trocken halten könnte, denn bevor man schwimmt, hat man doch keine Lust zu rauchen. Aber etwas anderes zu tun, nur die Frau anzustacheln aufzustehen, sich abzuzurren von dem Tisch und von sich selbst. Aber sollte er dann fliehen? Sollte sie ihn hetzen durch Aberdutzende Kabinen, daß er noch seinen Schurz verlöre? Sollte sie nach ihm grätschen?
So geschah nichts, nie etwas. Es lagen die Hefte auf dem Tisch. Und sie hielt sich an dem Appetit fest auf das, was sie sich am Abend daheim zubereiten würde in einer Spezialpfanne. Sie hielt sich fest an dem Gedanken, daß die Lichter ausgehen würden auf dem Flur über Weihnachten und daß niemand etwas tun könnte, was nicht erlaubt war, selbst wenn sie nicht da wäre, um es zu verhindern. Sie hielt sich fest an insgesamt fünf Dingen.
Dann, eines Abends auf dem Weg aus dem Flur, stach es sie ins Herz so feste, dass sie starb. Ihr Körper fiel in das Wasser, das von all der Männer Körpern abgeflossen war. Allmählich sog sich ihr Kittel voll. Es sah unschön aus. Niemand war da, es zu verhindern. Denn es gab keinen zweiten Tisch und keine zweite Frau. Die Schwimmer hätten reklamiert.
Deshalb saß sie an einem Tisch am Ende des Flures. Und weil sie dort saß und alle sie sahen, geschah nichts, was nicht erlaubt war. Sie saß dort, hatte einige Hefte auf dem Tische liegen, zum Zeitvertreib, weil doch nichts geschah, seit Jahren nichts geschehen war. Ihre Beine hatte sie übereinander geklemmt. Der Kittel sperrte die Beine ein, zurrte die ganze Frau an sich selbst fest, an dem Tisch, von dem aus sie sah, das nichts geschah.
Dann und wann kam ein Mann aus der Dusche, nur halbumschürzt. Und so manchem war nach einem Streich, etwas zu tun, was nicht erlaubt war in dem Bad, zu rauchen vielleicht, wenn er nur vorher sich ausgedacht hätte, wie er den Tabak trocken halten könnte, denn bevor man schwimmt, hat man doch keine Lust zu rauchen. Aber etwas anderes zu tun, nur die Frau anzustacheln aufzustehen, sich abzuzurren von dem Tisch und von sich selbst. Aber sollte er dann fliehen? Sollte sie ihn hetzen durch Aberdutzende Kabinen, daß er noch seinen Schurz verlöre? Sollte sie nach ihm grätschen?
So geschah nichts, nie etwas. Es lagen die Hefte auf dem Tisch. Und sie hielt sich an dem Appetit fest auf das, was sie sich am Abend daheim zubereiten würde in einer Spezialpfanne. Sie hielt sich fest an dem Gedanken, daß die Lichter ausgehen würden auf dem Flur über Weihnachten und daß niemand etwas tun könnte, was nicht erlaubt war, selbst wenn sie nicht da wäre, um es zu verhindern. Sie hielt sich fest an insgesamt fünf Dingen.
Dann, eines Abends auf dem Weg aus dem Flur, stach es sie ins Herz so feste, dass sie starb. Ihr Körper fiel in das Wasser, das von all der Männer Körpern abgeflossen war. Allmählich sog sich ihr Kittel voll. Es sah unschön aus. Niemand war da, es zu verhindern. Denn es gab keinen zweiten Tisch und keine zweite Frau. Die Schwimmer hätten reklamiert.
Der Gast
Ich hasse den Wunsch,
eine Waffe bei mir zu haben,
ein Mann steht da und will,
dass ich Angst vor ihm habe.
Eine Frau säuft Bier.
Ein Kind telefoniert.
Mein Gesicht klebt.
Draußen: Kühe.
Gutes Wetter,
um ein Hotel zu verlassen.
In der Dreckslobby:
fluoreszierender Farn,
überall Hundeattrappen -
Ahm, es schmeckt
nach Messing hier.
Ich stehe auf Fliesen
in künstlichem Licht.
eine Waffe bei mir zu haben,
ein Mann steht da und will,
dass ich Angst vor ihm habe.
Eine Frau säuft Bier.
Ein Kind telefoniert.
Mein Gesicht klebt.
Draußen: Kühe.
Gutes Wetter,
um ein Hotel zu verlassen.
In der Dreckslobby:
fluoreszierender Farn,
überall Hundeattrappen -
Ahm, es schmeckt
nach Messing hier.
Ich stehe auf Fliesen
in künstlichem Licht.
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